„Wer hat den Schüler N ermordet?“
Diese Frage dominiert die Kriminalgeschichte in Ödön von Horváths Roman „Jugend ohne Gott“ aus dem Jahr 1937. Die Schülerinnen und Schüler der Jahrgangsstufen 9 und 10 des Paul-Schneider-Gymnasiums erlebten am Dienstag, den 11. März 2025, in der dritten und vierten Stunde eine Live-Hörspiel-Performance des Chawwerusch-Theaters nach dem Roman von Ödön von Horváth.
Horváth beschreibt das Leben der nach dem Ersten Weltkrieg geborenen Jugendlichen, die im Deutschland des Nationalsozialismus aufwachsen. Ein 34-jähriger Lehrer unterrichtet diese Jugendlichen in Geschichte und Geographie. Aus seiner Sicht ist die junge Generation verroht und scheint kein Gewissen mehr zu haben, weil sie die menschenverachtenden Ideen des Nationalsozialismus verinnerlicht hat. Er fragt sich resigniert: „Was vermag der Einzelne gegen alle?“ – und bleibt stumm.
Zusammen mit seiner Schulklasse fährt er in ein vormilitärisches Zeltlager. Dort spitzt sich die Situation dramatisch zu. Ein Schüler wird erschlagen im Wald aufgefunden. Schnell wird ein mutmaßlicher Mörder gefasst. Der Lehrer aber weiß mehr und beginnt, nach dem wahren Täter zu forschen. Schließlich muss er seinen Mut unter Beweis stellen und kann nicht länger schweigen…
Schauspieler Stephan Wriecz und Musiker Peter Hinz ließen diese Geschichte in der Aula des Paul-Schneider-Gymnasiums auf eine für die Zuschauer besondere Art lebendig werden. Mittels einer akustischen Erlebnisreise hörten unsere Schülerinnen und Schüler sowie die begleitenden Lehrerinnen und Lehrer Nazis marschieren, spazierten lauschend mit den Protagonisten durch die Mondnacht und hörten gebannt einen Überfall. Der Fokus lag in der abgedunkelten Aula auf dem Hören, nur hin und wieder standen Stephan Wriecz oder Peter Hinz in Aktion im Licht und man konnte sie beim Kreieren der spannungsgeladenen Atmosphäre beobachten.
Das Publikum war sich im Nachgang der Performance einig, dass es sich um „ein Theaterstück“ handelt, „das besonders fesselt“, so Schüler der Klasse 10b. Interessant und aufschlussreich war für die Zuschauer außerdem das Gespräch mit Stephan Wriecz und Peter Hinz, in dem im Anschluss an die Aufführung Fragen zu Gestaltung und Produktion gestellt werden konnten.
Horváths Roman wurde 1938 verboten, nachdem der Autor ungarischer Staatsbürgerschaft 1936 bereits aus Deutschland ausgewiesen worden war. Der Lehrer in seinem Stück beobachtet das Abstumpfen seiner Schüler, unternimmt aber nichts. Er lässt Dinge geschehen, weswegen sich die Lage zuspitzt.
In dem Werk „Jugend ohne Gott“ geht es also um die Gefahr, die in diesem entspannten Zurücklehnen steckt, und um Zivilcourage, um den Mut, den es braucht, gegen Unrecht anzukämpfen. Gerade in der heutigen Zeit ist es für Heranwachsende äußerst wichtig, sich mit dieser Thematik auseinanderzusetzen, die zentrale Fragen der Ethik und des Demokratieverständnisses aufwirft, bedenkt man die Geschichtsvergessenheit und Verharmlosung des Nationalsozialismus einzelner politischer Akteure in unserem Land sowie die jüngsten Wahlergebnisse. Auch Geschehnisse und Entwicklungen auf der internationalen Bühne zeigen die Wichtigkeit, die Themen des Romans in den Schulen zu behandeln. Aus eben diesen Gründen wird die Produktion des Chawwerusch-Theaters vom Ministerium für Wissenschaft, Weiterbildung und Kultur Rheinland-Pfalz und der Leitstelle Kriminalprävention im Ministerium des Innern und für Sport Rheinland-Pfalz gefördert.
Das Paul-Schneider-Gymnasium, „Schule ohne Rassismus – Schule mit Courage“, ist dankbar für diese finanzielle Unterstützung, für die Teilhabe an Kultur, für einen wichtigen Beitrag zur Werteerziehung sowie für die besondere Wertschätzung der darstellenden Kunst durch das Land Rheinland-Pfalz.
+ Caroline Molz