Von der Fünften Jahreszeit zu den Fallas – ein außergewöhnlicher Austausch mit dem Colegio Pureza de María Grao (Valencia)

Nicht nur die Spanier wissen eine gute Fiesta zu feiern. Auch in Deutschland gibt es in der sogenannten „Fünften Jahreszeit“, der Faschingssaison, viele Tage ausgelassener Feierlaune auf den Straßen und in den Vereinen. Dies war für unsere spanische Gruppe vielleicht eine eher neue Erfahrung.

So besuchten wir im ersten Teil des Austauschs in diesem Jahr unter dem Thema „Feste feiern in Deutschland und Spanien“ u. a. das Fastnachtsmuseum in Mainz, sozusagen als Auftakt zu den Fastnachtsumzügen, die wir uns in den folgenden Tagen in Bad Kreuznach, Wiesbaden und Bad Sobernheim angeschaut haben. Die Frage nach dem Ursprung und verschiedenen Traditionen des Karnevals, typische Fastnachtsrufe wie „Helau“ und das Herstellen von Masken waren Themen eines vorbereitenden Workshops. Natürlich gehört zu einem solchen Programm eine typische deutsche Fastnachtsparty, bei der zu deutscher Partymusik getanzt wird und man den Freundeskreis der Austauschschülerinnen kennenlernt. Aber nicht nur das gemeinsame Feien hat die spanischen Schüler begeistert, sondern auch eine Wanderung zum Disibodenberg in Staudernheim/Odernheim, ein lustiger Spieleabend und andere Aktivitäten in der Gruppe.

Folglich war der Abschied am Fastnachtsdienstag am Frankfurter Flughafen nach dem nur 6-tägigen Aufenthalt unserer Gäste recht emotional, obwohl wir drei Tage später ohne Streik oder andere Hindernisse nach Valencia fliegen konnten. Dort war nämlich schon am Tag des Abflugs unserer spanischen Gruppe Starkregen angesagt worden, was für alle sechs Schüler und ihre Lehrerinnen, Ruth und Delia, bedeutete, nicht nur ihre Regenschirme bei der Ankunft in Valencia bereitzuhalten, sondern dass sie an den nächsten beiden Tagen keinen Unterricht hatten. Man erinnere sich bei dieser Vorsichtsmaßnahme an die Überschwemmung in den Dörfern um Valencia Ende Oktober 2024. Unsere Gruppe ihrerseits war überrascht zu erfahren, dass die ganze Woche unseres Aufenthalts von Regen begleitet werden sollte, hatten sich alle doch so sehr auf Strand und Sonne gefreut.

Ist die Rede von spanischer Lebensfreude, denken nicht wenige in Deutschland gleich an das weitverbreitete Klischee der Fiesta mit Sangría und heißen Rhythmen der Cumbia, Salsa oder anderer Tänze. Natürlich haben auch wir als Gruppe während der „Prefallas“ (der Zeit vor dem eigentlichen National- und Frühlingsfest in Valencia vom 15.03-19.03.) die Gelegenheit gehabt, einer valencianischen Tradition zu begegnen, die sowohl viele Valencianer als auch Touristen aus aller Herren Länder drei Wochen lang in Atem hält. Gleich am ersten Tag wurden wir Zeugen der Mascletà, der Aufführung ohrenbetäubender Pyrotechnik auf der Plaza de Ayuntamiento, wo eine ungeheuer große Menschenmenge mehr als eine Stunde geduldig und bemerkenswert diszipliniert darauf wartet, dass es pünktlich um 14.00 Uhr richtig laut wird. So haben wir teils mit geöffnetem Mund versucht, die Ohren zu entlasten, um die enorme Lautstärke der Böller überhaupt zu ertragen, und haben am Ende des Schauspiels den Applaus mit der begeisterten Menge geteilt. Und dieses Erlebnis wiederholt sich tatsächlich an jedem Tag im Großen, aber auch im Kleinen, denn zu jeder Tageszeit und überall in der Stadt werden Böller gezündet. Der Name „Fallas“ ist im Grunde genommen mehr als die Bezeichnung des Festes als solches, er bezeichnet mehr als 300 Gruppen von „Falleros“ (Mitglieder einer Falla), deren Zugehörigkeit an Jacken unterschiedlicher Farben zu erkennen ist. Sie tragen außerdem ein blau-weiß kariertes Tuch mit dem Wappen ihrer Gruppe. María, eine der Spanierinnen, die am Austausch teilgenommen hat, ist eine Fallera, d.h. sie ist Mitglied einer Falla. Das typische Tuch haben wir übrigens in einem Workshop in besonderer Weise für unsere Austauschgruppe gestaltet, indem alle das Wappen unserer valencianischen Partnerschule aufnähen sollten. Was für ein Spaß!

Eine dritte Bedeutung von Fallas sind Figuren aus Pappmaché und Gips, die sogenannten Ninots. Sie werden überall auf den Straßen der Stadtviertel in Valencia aufgestellt, die größte auf dem Rathausplatz ist ca. 20 m hoch. In dem Museo Fallero haben wir die Entstehung dieser Figuren bestaunen können, und in einer besonderen Ausstellung (Exposición de Ninot) für die Figur abgestimmt, die in diesem Jahr am Ende nicht verbrannt werden sollte. Ja, tatsächlich werden alle Figuren verbrannt, außer einer, in der sogenannten Nit de Foc, der Nacht des Feuers, und dieses besondere Ereignis hat natürlich auch einen Namen: die Cremà (Verbrennung). Licht und Feuerwerke gehören während der Fallas einfach dazu. So sind die Straßen mit bunten Lichtern und Zelten geschmückt, wo die Vereine in ihrem eigenen Stadtviertel tüchtig feiern.

Die Musik der Xarangas (kleine Musikgruppen) lädt überall in den Festzelten und auf den Straßen zum Tanzen ein, natürlich auch unsere Austauschgruppe am Wochenende und in einem gemeinsamen Tanz im Klassenraum mit zwei spanischen Gruppen, die Deutsch als Fremdsprache lernen. Dabei haben sie erfahren, dass von größeren Musikvereinen auch die traditionelle Musik der Pasodobles gespielt bzw. die Nit d´Albaes gesungen wird: ein Lied mit Anklängen an die arabische Musik und Strophen, deren Verse den Sängern von einem Souffleur ins Ohr geflüstert werden, wie wir in einem abschließenden Workshop lernen durften. Das neue Wissen zu den Fallas und Valencia in einem digitalen Quiz spielerisch abzufragen, hat allen großen Spaß gemacht.

Auch das ganz normale Kulturprogramm, wie der Spaziergang durch die Stadt mit dem Besuch der Seidenhandelsstelle (La Lonja) und einem fantastischen Blick vom Turm sowie der Besuch des Mercado Central und der Ciudad de Ciencias y Artes, darf bei einer Exkursion nach Valencia nicht fehlen. Und bei einem so vielseitigen Programm und dem Posprograma, dem „Après“ des offiziellen Tagesprogramms, das die spanische Gruppe und die Gastfamilien für die Freizeit organisiert hat, lässt sich wohl am Ende bestätigen, dass die spanische Lebensfreude einfach ansteckt und mehr ist als „Sangría“ und „Fiesta“, so wie es die Touristen verstehen.

Ein sehr gelungener Austausch wird uns allen in besonderer Erinnerung bleiben und wir danken allen, die dazu beigetragen haben, vor allem unserer betreuenden Lehrerin Manuela Wagner-Heim und ihren spanischen Kolleginnen sowie den Gastfamilien, Schülerinnen und Schülern am Colegio für ihre Offenheit und Gastfreundschaft.

Manuela Wagner-Heim, Maja Dietz (10b) +  Manuela Wagner-Heim